Wird Christus tausendmal in Bethlehem geboren

Dieses Gedicht habe ich von meiner Freundin zu Weihnachten „geschenkt“ bekommen und ich möchte es auf diesem Wege weitergeben, es lauter und weiter machen, in Herzensgeister strömen lassen und feiern, was es wirklich zu feiern gibt.

Wird Christus tausendmal in Bethlehem geboren
und nicht in dir, du bleibst noch ewiglich verloren.

Gott schleußt sich unerhört in Kindes Kleinheit ein:
Ach möchte ich doch ein Kind in diesem Kinde sein.

Ach könnte nur dein Herz zu einer Krippe werden,
Gott würde noch einmal ein Kind auf dieser Erden.

Merk, in der stillen Nacht wird Gott, ein Kind, geboren,
und wiederum ersetzt, was Adam hat verloren.

Ist deine Seele still und dem Geschöpfe Nacht,
so wird Gott in dir Mensch und alles wiederbracht.

Hier liegt das werte Kind, der Jungfrau erste Blum,
der Engel Freud und Lust, der Menschen Preis und Ruhm.

Soll er dein Heiland sein und dich zu Gott erheben,
so musst du nicht sehr weit von seiner Krippe leben.

Der Himmel senkte sich, er kommt und wird zur Erden;
wann steigt die Erd empor und wird zum Himmel werden?

Angelus Silesius

„Was passiert, wenn wir in unserem angeborenen Zustand der Begeisterung bleiben, tiefe Verbundenheit erfahren und zugleich unser Bedürfnis nach Autonomie ausleben und ein Leben lang ununterbrochen spielen?“

André Stern,  aus: „alphabet“, dem Buch zum Film

manche kommen aus dem staunen nie heraus, manche nie hinein

Elfriede Gerstl, Mein papierener Garten

Neuland

Es geht darum, alles was man darstellen will, lange genug zu betrachten, um darin einen Aspekt zu entdecken, der noch nie von jemandem erkannt wurde. In allem liegt Neuland, weil wir es gewohnt sind, unsere Augen nur mit der Erinnerung an das zu nutzen, was vor uns über den Gegenstand unserer Betrachtung gedacht wurde. In der geringsten Sache steckt etwas Unbekanntes. Finden wir es!

Gustave Flaubert

Ich schmiere regelmäßig überschüssige Tinte von meiner frisch gefüllten Patrone in ein Taschentuch oder eine Serviette und staune über die Bilder, die von selbst entstehen. Hier ein Hirte mit Stab, der mit der Hand an der Stirn im Nebel seine Herde im Auge behält. Vermutlich siehst du aber etwas ganz anderes.

Über die Geduld

(von Rainer Maria Rilke)

Man muss den Dingen  die eigene, stille  ungestörte Entwicklung lassen,  die tief von innen kommt

 und durch nichts gedrängt  oder beschleunigt werden kann,  alles ist austragen – und  dann gebären…

Reifen wie der Baum, der seine Säfte nicht drängt  und getrost in den Stürmen des Frühlings steht, ohne Angst, dass dahinter kein Sommer kommen könnte.  Er kommt doch!

Aber er kommt nur zu den Geduldigen,  die da sind, als ob die Ewigkeit vor ihnen läge,  so sorglos, still und weit…

 Man muss Geduld haben  Mit dem Ungelösten im Herzen,  und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben,  wie verschlossene Stuben,  und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache  geschrieben sind.

 Es handelt sich darum, alles zu leben.

Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich,  ohne es zu merken,  eines fremden Tages  in die Antworten hinein.

Bei Vorbildern ist es unwichtig, ob es sich dabei um einen großen toten Dichter,
um Mahatma Gandhi oder um Onkel Fritz aus Braunschweig handelt, wenn es nur ein Mensch ist, der im gegebenen Augenblick ohne Wimpernzucken gesagt oder getan hat, wovor wir zögern.

Erich Kästner