manche kommen aus dem staunen nie heraus, manche nie hinein

Elfriede Gerstl, Mein papierener Garten

Neuland

Es geht darum, alles was man darstellen will, lange genug zu betrachten, um darin einen Aspekt zu entdecken, der noch nie von jemandem erkannt wurde. In allem liegt Neuland, weil wir es gewohnt sind, unsere Augen nur mit der Erinnerung an das zu nutzen, was vor uns über den Gegenstand unserer Betrachtung gedacht wurde. In der geringsten Sache steckt etwas Unbekanntes. Finden wir es!

Gustave Flaubert

Ich schmiere regelmäßig überschüssige Tinte von meiner frisch gefüllten Patrone in ein Taschentuch oder eine Serviette und staune über die Bilder, die von selbst entstehen. Hier ein Hirte mit Stab, der mit der Hand an der Stirn im Nebel seine Herde im Auge behält. Vermutlich siehst du aber etwas ganz anderes.

Über die Geduld

(von Rainer Maria Rilke)

Man muss den Dingen  die eigene, stille  ungestörte Entwicklung lassen,  die tief von innen kommt

 und durch nichts gedrängt  oder beschleunigt werden kann,  alles ist austragen – und  dann gebären…

Reifen wie der Baum, der seine Säfte nicht drängt  und getrost in den Stürmen des Frühlings steht, ohne Angst, dass dahinter kein Sommer kommen könnte.  Er kommt doch!

Aber er kommt nur zu den Geduldigen,  die da sind, als ob die Ewigkeit vor ihnen läge,  so sorglos, still und weit…

 Man muss Geduld haben  Mit dem Ungelösten im Herzen,  und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben,  wie verschlossene Stuben,  und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache  geschrieben sind.

 Es handelt sich darum, alles zu leben.

Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich,  ohne es zu merken,  eines fremden Tages  in die Antworten hinein.

Bei Vorbildern ist es unwichtig, ob es sich dabei um einen großen toten Dichter,
um Mahatma Gandhi oder um Onkel Fritz aus Braunschweig handelt, wenn es nur ein Mensch ist, der im gegebenen Augenblick ohne Wimpernzucken gesagt oder getan hat, wovor wir zögern.

Erich Kästner